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Chlorpyrifos-Verbot

 

Aufgrund einer kleinen Diskussion über eine Formulierung zum Zulassungsverfahren von Chemikalien in der EU in unserer BFA-Vorstellung bin ich über einen Artikel gestolpert, der einen seit Jahren bekannten Fall aufnimmt:

Bei der Zulassung von Chlorpyrifos (sehr weit verbreitetes Pestizid von Dow Chemical) wurden in den 1990er Jahren einige Daten in den Tierversuchen zur Embryonalentwicklung "unter den Teppich gekehrt".

Quellen:

TAZ: https://taz.de/Pestizid-Chlorpyrifos-in-der-EU/!5617939/

https://taz.de/Giftiges-Pestizid-an-Zitrusfruechten/!5617071/

Originalartikel:

https://ehjournal.biomedcentral.com/articles/10.1186/s12940-018-0421-y

siehe dort auch die diversen Letters to the editor mit weitergehender Diskussion

EPA-Statement: zur gleichen Studie https://archive.epa.gov/pesticides/chemicalsearch/chemical/foia/web/pdf/059101/059101-427-03-03-2000.pdf

Die EPA hat mehrfach gefordert, das Mittel zu verbieten, mit Einsetzung der Trump-Adminitration ist das Verbot jedoch aufgehoben worden.

In den Jahren 2005 bis 2016 gab es drei Studien an Menschen mit Chlorpyrifos-Belastung, die auf Schädigungen hinwiesen. Trotzdem wurde die EU-Genehmigung bis 2020 automatisch per Verordnung verlängert weil die Behörden sich nicht schnell genug auf ein Verbot einigen konnten.

Die Risiken des Pestizids wurden vom Ernährungsministerium anerkannt:

https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Verbraucherschutz/Lebensmittelsicherheit/Bericht_PSM-Rueckstaende_Exposition.html

"Eine Beeinträchtigung der Gesundheit von Verbraucherinnen und Verbrauchern durch die kumulative Exposition gegenüber Wirkstoffgruppen, die neurochemische Effekte (chronisch) bzw. Effekte auf follikuläre Zellen und/oder das Thyroid-Hormonsystem (T3/T4) (chronisch) verursachen können, wird im Ergebnis der Bewertung als möglich erachtet. Hierbei wurden Chlorpyrifos und Dithiocarbamate (ausgedrückt als Propineb) als primäre Expositionsquellen identifiziert."

Das Mittel ist in Deutschland verboten aber nicht generell in der EU und eines der am häufigsten in Importen (Zitrusfrüchte(n), Bananen, Kiwis, Kräuter und Kräutertees, Paprika, Olivenöl und Tafeltrauben- laut Website Dr. Wessling) nachgewiesenen.

Grundproblem: die Studien zu Risiken werden von den Herstellern bezahlt und von den Genehmigungsbehörden in der Regel übernommen. Es gelingt nicht immer, Einsicht in die Originaldaten zu bekommen. Wo das möglich war kamen oft Diskrepanzen ans Licht. Studien von unabhängigen Instituten werden oft von den Behörden ignoriert weil sie zwar dem Peer Review unterliegen, also von mehreren unabhängigen Wissenschaftlern überprüft werden, aber nicht immer den EPA-Regeln genügen. Diese machen Studien deutlich aufwendiger und sind z.B. in Universitätsinstituten nicht immer umzusetzen.

Eine Veränderung des EU-Zulassungsverfahrens, das eine Reihe anderer problematischer Regelungen enthält (z.B. die erwähnte Zulassung per Verordung wenn die Behörden keine Entscheidung treffen oder die Möglichkeit, Zulassungen in der EU über ein Land eigener Wahl zu veranlassen) ist in der Diskussion.

 

Bernd Wille

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