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Neuzugänge

https://www.umweltbundesamt.de/themen/neue-relevante-spurenstoffe

 

 

Folgende Stoffe werden neu in die Liste der relevanten Spurenstoffe aufgenommen

 

Venlafaxin (und Metabolit O-Desmethyl-Venlafaxin)

Antidepressivum

 

In Kläranlagen in der 4. Stufe abbaubar, in konventionellen Anlagen zu rd.20% (VEN) oder gar nicht (ODV).

VEN ist in deutschen Oberflächengewässern häufig nachweisbar, und die Konzentrationen

überschreiten häufig den PNEC-Wert. VEN ist persistent, sehr ökotoxisch und

reproduktionstoxisch. Es sind subletale aquatische Effekte bei gemessenen

Umweltkonzentrationen dokumentiert. 7

Für ODV wird aufgrund des ähnlichen Verhaltens wie VEN

in Abbautests ebenfalls von einer Persistenz ausgegangen. Zusätzlich wird ODV in konventionellen

Kläranlagen nicht eliminiert. Die vorliegenden ökotoxikologischen Daten für ODV umfassen keine

Fischtests. Im Falle von VEN sind Fische die sensitivste Spezies. Es ist von einem gleichen

Wirkmechanismus auch für ODV auszugehen und somit auch von einer ökotoxikologischen

Relevanz.

 

 

Gabapentin und Pregabalin 

Arzneimittel gegen Epilepsie und chronische Nervenschmerzen.

 

Gabapentin und Pregabalin sind beide mobil und reproduktionstoxisch.

Zudem werden sie unzureichend bei der kommunalen Abwasserreinigung abgebaut. Sie werden

zudem regelmäßig in Oberflächengewässern und Grundwasser in Deutschland nachgewiesen. Im

Trinkwasser liegen die Werte unterhalb des GOW. Gabapentin und Pregabalin bilden in

Kläranlagen und Gewässern Transformationsprodukte, vor allem Gabapentin-Lactam und

Pregabalin-Lactam, welche ebenfalls in Gewässern detektiert werden. Die Lactam-Bildung ist

reversibel und stellt somit keinen Abbau dar. Aufgrund der genannten Eigenschaften von

Gabapentin und Pregabalin 

 

HMMM  Vernetzungsmittel in Reifen und Beschichtungen

(2-N,2-N,4-N,4-N,6-N,6-N-hexakis(methoxymethyl)-1,3,5-triazine-2,4,6-triamine)

HMMM wird noch nicht lange in Monitoringstudien in Deutschland als Target aufgeführt. Die

Studien, die vorliegen, weisen auf eine weitreichende Verbreitung der Substanz in deutschen

Oberflächengewässern hin. HMMM ist sehr mobil und kann zu Melamin transformiert werden,

welches bereits als relevant eingestuft wurde. Melamin ist persistent, mobil und humantoxisch.

Die Daten zu Eliminierungsraten in konventionellen Kläranlagen sind uneindeutig: Es gibt Hinweise

auf die Bildung von HMMM aber auch auf eine unzureichende Eliminierung.

 

Es liegen peinlicherweise keine REACH-Daten zu dieser Verbindung vor.

20 bis 45% Eliminierung in konv. Kläranlagen, eine große Zahl von Transformationsprodukten in Oberflächengewässern und Passivsammlern an Kläranlagen. Gefahr der Bildung von toxischem Melamin (humantoxisch und als relevanter Spurenstoffe anerkannt).

 

Die Stoffe kommen aus den Bereichen Arzneimittel und Industriechemikalien. Hier zeigt sich

- die Notwendigkeit, bei der Entwicklung von Arzneimitteln auf Ökotoxizität zu achten und diese bei der Zulassung zu berücksichtigen.

- die traurige Situation der REACH-Richtlinie, die den "neuen Stoffen" hinterherläuft.

Was geschieht jetzt?

Laut UBA:

"Die Einstufung als „relevanter Spurenstoff“ weist für Spurenstoffe darauf hin, dass Maßnahmen zur Eintragsminderung ergriffen werden sollten. Diese können die Rückkopplung in die europäischen Genehmigungs- und Zulassungsverfahren für chemische Stoffe oder in andere rechtliche Vorgaben, wie die ⁠Wasserrahmenrichtlinie⁠ sein. Informationskampagnen sowie die gezielte verbesserte Elimination dieser Stoffe bei der Abwasserreinigung sind weitere Schritte. Ebenso gibt es die Möglichkeit, einen „Runden Tisch“ zu herstellerbezogenen Maßnahmen einzuberufen."

 

 

Zusammengefasst: zwangsläufig zunächst mal nichts, alle Massnahmen sind optional. Selbst die fehlende REACH-Anmeldung führt für die betroffenen Firmen zu keinen negativen Konsequenzen. Mögliche Reaktionen dürften Jahre in Anspruch nehmen.

 

Bernd Wille

 

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